Polychlorierte Biphenyle
Was sind Polychlorierte Biphenyle (PCBs)?
PCB steht als Abkürzung für Polychlorierte Biphenyle. Es handelt sich dabei um eine synthetische Chemikalie, die für diverse Einsatzgebiete ausgezeichnete funktionale Eigenschaften aufwies. So wurde PCB aufgrund der schweren Brennbarkeit und hohen chemischen Stabilität in vielen industriellen Bereichen sowie im Baugewerbe eingesetzt. Aufgrund der Langlebigkeit und der stetigen Remobilisierung und Anreicherung in der Nahrungskette, zählt man die PCBs heute zu den gefährlichsten Umweltgiften weltweit.
PCB ist eine von derzeit rund 34 langlebigen Chemikalien, welche unter dem Begriff Persistent Organic Pollutants (POPs), also langlebige organische Schadstoffe, in der Stockholmer Konvention geregelt werden. Zu den weiteren POPs gehören Pestizide (z. B. DDT und Lindan), Industriechemikalien (z. B. PCB/CP) sowie unerwünschte Nebenprodukte, die bei der Produktion von chlorhaltigen Chemikalien und bei Verbrennungsprozessen entstehen (z. B. Dioxine und Furane).
Eigenschaften
Die hervorragenden technischen Eigenschaften von PCBs wurden jedoch mit den Jahren durch deren negatives, langfristiges Umweltverhalten überschattet.
Einige PCB-Kongenere sind in ihrer Struktur den Polychlorierten Dibenzodioxinen (PCDD) und den Polychlorierte Dibenzofuranen (PCDF) sehr ähnlich. Ihre biologische und toxische Wirkung ist vergleichbar und deshalb muss hier auch von unmittelbaren Gefährdungen ausgegangen werden.
PCBs haben u.a. folgende Eigenschaften:
- Langlebig, biologisch nur sehr schwer abbaubar (persistent)
- Anreicherung in der Nahrungskette (Bioakkumulation)
- Hohe Hitzestabilität
- Relativ beständig gegen Säuren, Laugen und andere Chemikalien
- Stabil gegen Oxidation und Hydrolyse in technischen Systemen
- Sehr geringe Wasserlöslichkeit, aber gut löslich in Fetten
- Niedriger Dampfdruck
- Gute Wärmeleitfähigkeit
- Sehr geringe elektrische Leitfähigkeit
Bei PCB-Belastungen unterscheidet man zwischen „Primär- und Sekundärquellen“. Unter dem Begriff Primärquelle versteht man Materialien, welchen gezielt PCB zur Veränderung der Produkteigenschaften hinzugefügt wurden (PCB-Gehalte > 1‘000 mg/kg).
Unter Sekundärquellen fallen Materialien, welchen nicht gezielt PCB zugesetzt wurde, sondern welche entweder aus der kontaminierten Raumluft oder durch direkten Kontakt (z. B. Bausubstanz angrenzend an PCB-haltige Fugendichtungsmasse) durch das Umweltgift belastet wurden.
Von diffusen Quellen spricht man, wenn Belastungen < 50 mg/kg PCB ausgemacht werden.
Anwendungen/Vorkommen
Erstmals wurde PCB 1866 synthetisiert. Die industrielle Herstellung begann in Amerika ab 1929, während in Europa PCB insbesondere zwischen den 1950er und anfangs der 1980er Jahre vermehrt eingesetzt wurde. Weltweit wurden insgesamt ca. 1.5 Millionen Tonnen PCB produziert. Ein bedeutender Teil davon ist bereits in die Umwelt gelangt.
Das bevorzugte Einsatzgebiet fand sich als Kühlmittel in elektrischen Anlagen wie Transformatoren und Kondensatoren als sogenannte geschlossene Anwendung.
PCB wurde jedoch auch in einer Vielzahl von offenen Anwendungen eingesetzt, dazu zählen beispielsweise Fugendichtungsmassen, Korrosionsschutzbeschichtungen und Farbanstriche.
Geschlossene Anwendungen
- Transformatoren
- Kondensatoren
- Schalteranlagen
- Kleinkondensatoren
(z. B. Vorschaltgeräte in Fluoreszenzleuchten)
Halboffene Anwendungen
- Hydrauliköle
- Wärmeübertragungsöle
- Schmierflüssigkeiten
Offene Anwendungen
- Fugendichtungsmassen
- Korrosionsschutzbeschichtungen
- Betonbeschichtungen
- Lacke
- Klebstoffe
- Flammschutz- und Imprägnierungsmittel
- Kabelummantelungen
- Harze
Risiken
Sowohl PCB als auch die coplaneren, also dioxinähnlichen PCBs wurden 2013 von der IARC (International Agency for Research on Cancer) als kanzerogen für den Menschen in der Gruppe 1 eingestuft. Grundsätzlich besteht lediglich eine geringe akute Gefahr durch eine PCB-Vergiftung, da man kurzfristig grössere Mengen aufnehmen müsste, um eine Auswirkung wie z. B. Chlorakne hervorzurufen. Doch bei langjähriger Exposition wirkt sich PCB kanzerogen auf den menschlichen Organismus aus, da sich PCBs im Fettgewebe ansammeln und nur teilweise sowie langsam (über Jahre hinweg) wieder ausgeschieden werden. Deshalb ist im regelmässigen Umgang mit PCB-haltigen Substanzen höchste Vorsicht geboten und es gilt sich zu schützen.
Ebenso kann die Ausgasung von PCB-haltigen Baumaterialien in Gebäuden bei langfristiger Exposition ein potentielles Gesundheitsrisiko darstellen. Dies betrifft insbesondere Bauobjekte, welche im Zeitraum von 1960 bis 1980 erstellt oder renoviert wurden.
Speziell hervorzuheben ist die Gefährdung bei einem Brandfall mit PCB. Bei der unvollständigen Verbrennung von PCB entstehen Polychlorierte Dibenzodioxine (PCDD) und Polychlorierte Dibenzofurane (PCDF). Diese Stoffe sind bereits in geringsten Konzentrationen hochgiftig und führen u.a. zu Chlorakne.
PCBs sind biologisch nur sehr schwer abbaubar. Die stetige Remobilisierung und Anreicherung über die Nahrungskette führte dazu, dass eine hohe, ständig zirkulierende Grundbelastung unserer Umwelt besteht und heute in fast allen Lebensbereichen PCBs nachweisbar sind. Es kommt deswegen teilweise bereits in der Muttermilch zu bedenklich hohen Konzentrationen dieses Umweltgifts. Besonders gefährdet ist der kindliche Organismus, da dessen Immunabwehrsystem noch nicht fertig ausgebildet ist. Das immer häufiger bei Kindern festgestellte Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom (ADS) kann darin seine Ursachen haben.
Gesetzliche Vorschriften
Weltweit schreibt die Stockholmer Konvention vor, dass derzeit rund 30 umweltresistente organische Verbindungen nicht mehr hergestellt werden dürfen, respektive nach der Identifizierung entsorgt werden müssen. In Anhang A, Absatz II, ist die Entsorgung von PCB spezifisch geregelt.
Seit dem Inkrafttreten der Verordnung über verbotene giftige Stoffe am 1. April 1972 ist die Verwendung von PCB in Publikums- und gewerblichen Produkten (z. B. Druckfarben und Dichtungsmassen) in der Schweiz verboten.
Transformatoren und Kondensatoren, die Materialien mit mehr als 50 mg/kg polyhalogenierten aromatischen Verbindungen (PCB, halogenierte Benzole) enthielten, mussten in der Schweiz spätestens bis zum 31. August 1998 ausser Betrieb gesetzt und gemäss den Bestimmungen der Verordnung über den Verkehr mit Sonderabfällen (VeVA) entsorgt werden.
Obwohl die geschlossenen Anwendungen heute in der Schweiz kein Problem mehr darstellen, sind die Anforderungen der Stockholm Konvention noch nicht vollständig umgesetzt. In unzähligen Bauteilen in Gebäuden und Anlagen sind offene Anwendungen von PCB verbaut. Der Umgang mit PCB-haltigen Fugendichtungsmassen in der Schweiz ist zwar in der PCB-Richtlinie geregelt, jedoch fehlen bis heute genaue Vorschriften zur Identifikation und der korrekten Handhabung von weiteren offenen PCB-Anwendungen wie z. B. Farb- und Korrosionsschutzanstrichen, Altkabeln, Flammschutzmitteln etc.